An keinem Tag.

7. Februar 2013

Es ist nicht so, als hätte ich diesen Ort vergessen. Auch wenn es hier so still ist. Stiller, als ich eigentlich ertragen kann. Stiller, als ich es will.
Es sind die Umstände, die die Stille erzwingen. Es sind die kleinen und die großen Monster des Alltags. Eins ums andere, immer und immer wieder.
In meinem Kopf bin ich oft hier. Hier, wenn ich im Auto bin. Hier, wenn ich Abends das Licht lösche, ins Dunkel starre und das Kirmesgehirn nicht still sein kann. Hier, wenn mir die Gespräche im Büro zuviel werden, das Stimmengewirr in ein weißes Rauschen übergeht und diese Ecke in meinem Hirn einen Eintrag formuliert, sich wünscht, den Tag an diesen Platz zu gießen. Den Tag mit seinen Emotionen, die ich in mir trage und verzweifelt zu verstecken versuche.
Ich habe diesen Ort nicht vergessen. An keinem Tag.
Er fehlt mir unendlich und vielleicht ist es Zeit, zurückzukehren.

Splitter.

26. September 2011

Eigentlich ist gar nicht viel passiert, was ich euch gerade erzählen könnte. Die Zeit rieselt, mal schneller, mal langsamer.

Der Job läuft, frisst noch immer mein Privatleben, ist aber Dank des Kollegenrudels unterhaltsam. Ich mag das. Auch wenn ich gern mehr Zeit für andere Dinge hätte.
Gekocht habe ich zwischendurch, für die Golden Girls. Lecker war es, das fanden tatsächlich ausnahmslos alle und ich war ein bisschen stolz. Der Tisch war schön, der Abend lang und am nächsten Tag war klar, die nächste Küche hat eine Spülmaschine.

Ich habe in einer Synagoge gewohnt. Eine ganze Woche lang. Obwohl, das ist so nicht richtig. Ich habe in einer Wohnung über den Gebetsräumen einer Synagoge gewohnt. Moment, nein, auch nicht richtig. Ich habe in einem Ferienhaus gewohnt, dass früher einmal eine Synagoge war und die heute wieder wenigstens äusserlich in ihren alten Zustand zurückversetzt wurde. Zwischendurch war die Synagoge mal eine Feuerwache, danach wurde sie restauriert, die alte Fassade wurde wieder hergestellt und die großen Türen, durch die mal das Feuerwehrauto das Gebäude verliess, wurden wieder durch den kleineren Eingang ersetzt.

Wie ich das finde, weiss ich noch nicht. Obwohl es schon einige Tage her ist. Ich kann nicht sagen, ob es anders war, als in einem normalen Ferienhaus zu wohnen. Ich glaube schon, aber die Eindrücke sind noch nebelig, weich und verschwommen. Vielleicht ist das doch ein Zeichen dafür, dass sie grösser sind, als ich formulieren kann. Ich habe vorgehabt, die Synagoge zu fotografieren, mehr über sie zu erzählen. Ich bin fast eine ganze Woche durch die Räume gelaufen, habe im alten Gebetssaal gesessen. Immer wieder an verschiedenen Stellen. Sass im Garten, auf der Bank, mit dem Rücken an die von der Sonne gewärmten Steine gelehnt. Habe die alten Photos angesehen, wie die Räume vor dem ersten Umbau zur Feuerwache aussahen. Habe den Boden und die Wände angesehen.
Stand an den Fenstern und sah mir die umliegenden Häuser an. Vermutlich haben die Menschen früher genau die selben Dinge und Häuser gesehen, der Ort hat sich nicht wesentlich verändert in dieser Strasse. Glaube ich.

Ich habe erst am letzten Tag ein paar Bilder gemacht. Einige wenige. Und ich weiss nicht, was daran so seltsam war. Warum es nicht eher ging. Vielleicht habe ich nach mehr Spuren gesucht, die etwas aus den alten Tagen erzählen. Vielleicht habe ich durch die Umbauten nicht mehr genug sichtbare Erinnerungen finden können, nichts, was in einem Photo etwas über diesen Ort erzählen kann. Vielleicht muss ich einfach nochmal hinfahren.

Hier.

13. September 2011

Ich wollte nur mal ausprobieren, ob mir das Login noch einfällt.
Offensichtlich ist es das. Wenn dieser Silberstreif am Horizont sich stabilisiert und beschliesst, ein wenig zu bleiben, gibt es hier ganz sicher auch irgendwann wieder mehr als 4-Zeilen-Postings. Falls also noch jemand den Link hat und ab und zu vorbeikommt: HalloTachauch.

Me and my monster.

16. Februar 2011

Man kommt ja zu nichts. Was daran liegt, dass meine Tage sowas von gefressen werden. Da hockt dieses dusselige Ding und frisst meine Tage. Säuberlich einen nach dem anderen. Manchmal habe ich morgens noch das Gefühl, es bestünde vielleicht die vage Chance, es würde nur an meinem Tag nagen. Vielleicht ein Eckchen abknabbern und hier und dort ein wenig herumknuspern. Und was ist? Kaum habe ich das Monster, nur für einen kurzen Moment, aus den Augen gelassen, schon hat es gierig meinen ganzen Tag verschlungen. Dann liege ich Abends in meinem Bett und kurz bevor ich endgültig einschlafe, da kann ich es hören. Erst knistert es ein wenig mit der Decke. Es rollt sich zufrieden zusammen und dann schmatzt es ganz leise. Wenn ich mich sehr konzentriere, kann ich es erst verhalten rülpsen hören und dann kichert es verschämt ins Kissen. Bis jetzt habe ich noch keinen Weg gefunden, mein Monster loszuwerden. Ich hoffe, wenn diese Woche vorbei ist und vielleicht ein bisschen mehr Alltag einkehrt, ich an meine gewohnte Arbeitsstätte zurückkehren kann, dann wird es ein bisschen Urlaub machen. Obwohl ich gar nicht weiss, wo Monster so urlauben. Hat da jemand Erfahrung mit? Kann ich meinem Monster vielleicht einen passenden Ort vorschlagen?
Im Moment arbeite ich nämlich nicht in meinem üblichen Büro. Der ein oder andere wird es wissen, mein Arbeitgeber verfügt über die ein oder andere Filiale. Bei uns gehört es dazu, dass wir, die eigentlich im Hintergrund arbeiten, auch ab und zu hinaus in die Welt gehen und ein wenig in den Filialen anwesend sind, nicht vergessen, was da draussen eigentlich wichtig ist. Genau. Das mache ich gerade. Ich verbringe meine Tage in einer Filiale. Mit meinem Monster. Vielleicht werde ich morgen mal schauen, ob ich nicht einen Monsterreiseführer finden kann. Ich habe nur die blasse Ahnung, dass mein Monster noch eine Menge Vertretungsmonster hat. Selbst wenn ich es nach dieser Woche, die ihm augenscheinlich Tag für Tag bisher ausgesprochen gut geschmeckt hat, in den Urlaub schicken kann: Ich bin sicher, dann klingelt es Montag früh an meiner Tür und dann wird es da stehen. Ein zotteliges Ding. Es wird mich wahrscheinlich begrüssen mit den Worten „Guten Tag. Ich bin die Monsterurlaubsvertretung. Ich freue mich, die nächste Zeit mit Ihnen und Ihren schmackhaften Tagen zu verbringen.“ Und noch bevor ich protestieren können werde, da wird es freudig beginnen, meinen Tag zu beschnüffeln und zu zerkrümeln. Es wird genüsslich an einer Ecke zu knabbern beginnen und schon wie bei meinem Monster, dass ja dann im Urlaub sein wird, werde ich keine gute Idee haben, wie ich es davon abhalten kann.
Ach, es ist ein Kreuz. Mit mir und den Monstern.

Tumbling.

18. Januar 2011

Ich weiss nicht, wann das angefangen hat.
Ich weiss nicht, was anders ist. Aber es ist. Anders.

Irgendwann vor ein paar Monaten hat jemand an den Reglern gedreht. Plötzlich war alles anders. Als hätte mein Leben gesagt „So, es wird Zeit“ und ich habe es nicht gehört. Zeit, Stellung zu beziehen.
Es ist nicht so, als wäre ich der Mensch, der seine Meinung hinter dem Berg gehalten hat. Als wäre ich ein Mensch ohne Meinung. Oder einer Mainstreamhaltung. Das war ich nie. Niemals. So lange ich denken kann, hatte ich eine Meinung und habe nicht gezögert, diese zu äussern und zu vertreten.
Scheinbar war meinem Leben das nicht genug. Scheinbar hat das nicht gereicht.

Es hat angefangen und es hört nicht auf. Ich laufe durch ein Labyrinth aus grossen, dichten Hecken. Keine Chance zu sehen, was hinter der nächsten Biegung kommt. Ohne Hinweise, welche Richtung an der nächsten Kreuzung die richtige Entscheidung sein wird.

Immer wieder sind es Situationen, mit denen ich nicht rechnen kann. Ich kann mich nicht darauf vorbereiten. Immer wieder werde ich vor Entscheidungen gestellt und eines haben alle Situationen, so unterschiedlich sie auch sind, gemeinsam. Ich muss Stellung beziehen. Noch nie im Leben musste ich in einer so schnellen Abfolge so klare Worte finden. Alles, was es im Leben normalerweise an Spielräumen und Bewegungsmöglichkeiten in den Formulierungen, in der Haltung und in den Entscheidungen gibt, scheint dauerhaft verschwunden.
Es bleibt nur Schwarz oder Weiss. Es gibt Menschen, die mögen Grautöne. Die sanften Kompromisse und Zwischenlösungen. Zu ihnen habe ich nie gehört. Aber so tiefdunkel war das Schwarz noch nie, so leuchtend rein war noch kein Weiss.

Es bleibt mir nichtmal die Zeit, mich zu fragen, ob mich das alles eigentlich überfordert. Mir bleibt nur der Moment, um Luft zu holen, mich aufrecht hinzustellen, die Füsse fest in den Boden gestemmt und die Dinge auszusprechen. Die Fragen zu stellen, die Antworten zu kennen und den Menschen in die Augen zu blicken. Ja zu sagen. Und Nein. Als müsste ich die Menschen um mich herum sortieren, die Situationen sortieren.
Die Worte sortieren. Jedes für sich ordentlich in Reih‘ und Glied hinzulegen, deutlich sichtbar. Unverrückbar. Endgültig.

Eigentlich ein bisschen viel für einen kleinen Menschen. Eigentlich ein bisschen viel für das Bambi in mir. Aber dieses Einatmen und Ausatmen, das funktioniert. Es gibt Momente, in denen trete ich ein Stück zur Seite und sehe mir zu. Frage mich, was wir hier eigentlich machen, mein Gehirn, mein Herz und meine Ichs. Dann warte ich darauf, dass sich Hektik einstellt. Oder wenigstens Nervosität. Unruhe. Unsicherheit. Aber nichtmal dafür scheint Zeit.
Es ist nicht die Zeit für Unsicherheiten. Es ist die Zeit für Antworten.
Als hätte ich es angenommen. Irgendwas in mir ist trotzig geworden. Als hätte irgendetwas in mir gesagt „Gut, dann komm‘ mit all‘ deinen Fragen, stell‘ sie mir, ich habe die Antworten.“ Als gäbe es nicht den geringsten Zweifel in mir drin, dass ich die Antwort kennen werde. Als hätte ich sie alle. Und wenn es die Fragen sein sollen, dann kenne ich auch die. Ich weiss, wie es geht.

Jetzt wüsste ich noch gern, ob all‘ das, was ich frage, was ich sage, richtig ist. Ob all‘ die Worte, die mich verlassen, die ich auf Tische lege und die ich in Räume stelle, die richtigen sind. Aber mir bleibt nicht die Zeit, darüber nachzudenken. Nur einatmen und ausatmen.